Mein Wandertag von Nasbials nach Espalion
Der Wecker klingelt um 5.30 Uhr. Heute steht eine längere Etappe auf dem Plan, also verlasse ich meine Unterkunft bereits um 6 Uhr. Als Frühaufsteher gibt es für mich kaum etwas Schöneres, als die ersten Schritte des Tages im stillen Licht der Morgendämmerung zu gehen.

Allerdings hat diese frühe Idylle immer einen kleinen Haken, den wohl jede*r Wandernde kennt: Spinnennetze! Und zwar überall. Heute scheint es besonders schlimm zu sein – alle paar Meter spüre ich dieses kitzelnde Gefühl von klebrigen Fäden im Gesicht, an den Armen und Beinen. Heute bin ich wohl der offizielle Spinnennetzfänger des Tages. Aber hey, jemand muss den Weg ja freimachen, oder?
Der Bulle auf dem Weg
Nach einer Weile wird der Weg angenehmer, keine Bäume mehr , stattdessen offene Graslandschaft. Es geht hauptsächlich bergab und ich komme zügig voran. Ein Powerriegel liefert mir unterwegs neue Energie.
Ich passiere ein Kuhgehege. Alle Kühe grasen entspannt ein wenig abseits des Weges – bis auf einen. Ein riesiger Bulle steht mitten auf meinem Pfad. Ich bleibe stehen und überlege, ob ich einfach an ihm vorbeigehen soll, entscheide mich aber dagegen. Stattdessen suche ich mir einen Weg über eine Steinmauer – inklusive Elekrozaun. Das Klettern ist mühsam und gerade als ich es geschafft habe, trottet der Bulle langsam von selbst weg. Dankeschön, Kletterkunst für die Katz! Also steige ich wieder zurück auf den ursprünglichen Weg.






Kaffeehalt in Saint-Chély-d’Aubrac
Nach etwa 16 Kilometer erreiche ich gegen 10 Uhr das kleine Dorf Saint-Chély-d’Aubrac. Zeit für eine Pause. In einem kleinen Café gibt es ein knuspriges Croissant und einen Milchkaffee. Ein kurzer Moment zum Durchatmen, bevor es weitergeht. Vor mir liegen noch fast 30 Kilometer.

Weiter gehts
Nachdem ich Saint-Chély-d’Aubrac verlasse verändert sich die Landschaft. Die offenen Wiesen weichen nach und nach schattigen Waldstücken. Die Sonne steht inzwischen hoch am Himmel und ich bin dankbar für die kühleren Abschnitte unter den Bäumen.

Mitten in dieser stillen, grünen Einsamkeit entdecke ich plötzlich etwas Unerwartetes: Hier draussen im Nirgendwo Südfrankreichs steckt am Wegrand eine kleine Schweizer Fahne im Boden.

Ich erreiche Saint-Côme-d’Olt
Gegen 14.30 Uhr erreiche ich das malerische Saint-Côme-d’Olt. Das Dorf liegt direkt am Ufer des Lot und gehört zu den «Plus beaux villages de France», den schönsten Dörfern Frankreichs. Die engen Gassen, der gedrehte Kirchturm und die gut erhaltenen Steinhäuser verleihen dem Ort einen besonderen Charme. Viel Zeit bleibt mir jedoch nicht, denn ich habe noch rund neun Kilometer vor mir.





Eine Durststrecke und der rettende Wasserhahn
Am Ortsausgang treffe ich Sunny wieder. Er macht Pause am Flussufer und beschliesst , den nächsten Abschnitt gemeinsam mit mir zu gehen. Wir vermuten, dass der Weg entspannt dem Ufer der Lot folgt – doch stattdessen geht es bergauf.
Der Aufstieg führt durch einen offenen Steinbruch. Die Sonne brennt, Schatten gibt es kaum. Oben angekommen haben wir eine schöne Aussicht auf Espalion, aber unsere Wasservorräte sind aufgebraucht. Kein Brunnen, kein Bach, nichts. Der Abstieg nach Espalion fällt entsprechend zügig aus. Kurz vor dem Ort finden wir an einer Sportanlage endlich einen Wasserhahn. Nie hat kaltes Leitungswasser besser geschmeckt.

Ankunft in Espalion
Ein Park führt mich direkt in das Zentrum von Espalion. Dort wartet meine Unterkunft für die Nacht. Ich komme erschöpft , aber zufrieden an. Eine erfrischende Dusche tut gut, bevor ich mich nochmals in die Stadt begebe. Im Park treffe ich zufällig Carol, die mir während einem kühlen Bier einen Tipp für die nächste Unterkunft gibt.
Zum Abendessen hole ich mir eine Pizza – ein einfacher, aber perfekter Abschluss für einen langen Wandertag.


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