Der Countdown: Vorfreude und Nervosität
Eigentlich wollte ich schon 2023 beim Rockand Hike mitmachen, aber natürlich war ich zu spät und das Event war ausverkauft. Also wartete ich gespannt auf den Ticketverkauf für 2024 und schlug sofort zu. Mit dabei: meine Schwester Nadja, meine Cousine Simone und ihre Mutter Marianne. Durch meine Wanderungen auf dem Jakobsweg bin ich zwar lange Strecken gewohnt, aber 100 Kilometer in 24 Stunden? Das ist nochmals eine andere Liga!
Der 17. August ist da. Unser Startfenster ist zwischen 10 und 11 Uhr. Am Bahnhof Glarus treffe ich Nadja und wir fahren gemeinsam nach Zürich. In Pfäffikon kommt Marianne dazu. Je näher wir Zürich kommen, desto dunkler wird der Himmel – und dann setzt der Regen ein. Vom Hauptbahnhof fahren wir mit dem Tram zur Saalsporthalle. Mittlerweile schüttet es wie aus Eimern. In der Saalsporthalle warten wir, bis Simone, die von Luzern her kommt, zu uns stösst.
Der Startschuss – Es geht los!
Unsere Startnummer sind befestigt und alle letzten Vorbereitungen gemacht, also beginnen wir unseren Marsch um 10.33 Uhr. Ich frage mich, wie weit ich wohl kommen werde. Die längste Strecke, die ich bisher an einem Tag gelaufen bin, lag bei etwa 45 Kilometern – jedoch mit einem schweren Rucksack und danach war ich völlig erledigt. Diesmal habe ich aber leicht gepackt und hoffe, dass es mir so etwas leichter fällt.
Die ersten 50 Kilometer: Von Zürich bis Rapperswil
Die Route führt uns vom Startpunkt an den Bahnhof Wollishofen und entlang des Ufers rund um das Zürcher Seebecken bis nach Seefeld. Glücklicherweise hat der Regen aufgehört aber es bleibt bewölkt. Ideales Wanderwetter – nicht zu heiss und kein Regen. In Seefeld verlassen wir das Seeufer und steigen in die Hügel der rechten Zürichseeseite. Der Weg führt uns durch den Wald, entlang eins kleinen Bachs. Nach 15 Kilometern erreichen wir die erste Verpflegungsstation in Küsnacht und gönnen uns eine kurze Pause. Dann geht es weiter, auf und ab am See entlang, vorbei an Orten wie Herrliberg, Meilen und Männedorf, bis wir um 18.49 Uhr die Verpflegungsstation in Stäfa erreichen.
In den letzten paar Kilometern habe ich ein brennendes, juckendes Gefühl an den Füssen bemerkt. Meine Socken haben mir wohl einen Ausschlag beschert. Da wir in Rapperswil unsere Eltern treffen, bitte ich sie, unter anderem auch eine Salbe für den Ausschlag mitzubringen.
Endspurt nach Rapperswil – Die Hälfte ist geschafft!
Noch 11 Kilometer bis zur Halbzeitmarke Rapperswil. Obwohl es fast nur bergab oder geradeaus geht, scheint mir dieser Abschnitt anstrengend und endlos. Inzwischen ist es dunkel geworden und wir erreichen Rapperswil um 21.28 Uhr – 50 Kilometer geschafft und damit mein persönlicher Rekord für die längste Tagesstrecke gebrochen. Die Versuchung, hier in Rapperswil in den Zug zu steigen und nach Hause zu fahren ist da, aber Aufgeben ist keine Option. Wir legen eine längere Pause ein und gönnen uns etwas Warmes zu essen. Ausserdem wechsle ich meine Socken und behandle den Ausschlag mit der Salbe, die meine Eltern mitgebracht haben. Ich hoffe, dass es weiterhin nur beim Ausschlag bleibt und ich keine Blasen kriege.
Weiter geht’s durch die Nacht
Da Marianne sich entschieden hat, in Rapperswil auszusteigen, geht es nun zu dritt weiter. Stirnlampen und Reflektoren montiert, machen wir uns auf den Weg über den Seedam. Die nächsten 20 Kilometer führen uns am Zürichsee entlang bis nach Horgen. Die Strecke verläuft grösstenteils über Asphalt – ziemlich anstrengend für die Füsse.
Es ist ca. 3 Uhr morgens, wir sind kurz vor Horgen und es beginnt heftig zu regnen. Wir suchen Schutz unter einem Vordach und warten ab bis das schlimmste vorbei ist. Simone war schon während den letzten paar Kilometern eher ruhig – ungewöhnlich für sie. Da ihr schwindlig ist, legt sie sich kurz hin und entscheidet, noch bis zum Bahnhof Horgen weiterzugehen und dort aufzuhören. Obwohl sie uns sagt, wir sollen weitergehen, wollen wir sie nicht mitten in der Nacht an einem Bahnhof alleine lassen. Während wir diskutieren, überhören wir, wie andere Läufer ebenfalls hier aufhören und abgeholt werden. Wie es der Zufall will, fahren sie nach Schmerikon, wo Simone bei ihren Eltern schlafen kann. Glücklich darüber, dass Simone sicher nach Hause kommt, ziehen Nadja und ich weiter. Inzwischen hat auch der Regen etwas nachgelassen.
In Horgen verlassen wir den See und ein steiler Aufstieg erwartet uns – als ob die Strecke nicht schon anstrengend genug wäre! Wir folgen ein paar anderen Läufern, bis wir sehen, dass sie sich plötzlich umdrehen und uns die Lichter der Stirnlampen wieder entgegenkommen. Kein gutes Zeichen – falscher Weg. Wir drehen um und suchen in der Dunkelheit den richtigen Pfad. Zum Glück sind wir nicht allzu weit falsch gelaufen. Nach einem Kaffee an der kurz darauffolgenden Verpflegungsstelle, laufen wir im Dunkeln weiter, kreuz und quer durch den Wald, bis wir die Sihl erreichen.
Die letzte Verpflegungsstation vor dem Ziel
Inzwischen ist es wieder hell geworden und wir folgen der Sihl bis zur letzten Verpflegungsstation in Langnau am Albis, wo wir um 7:15 Uhr eintreffen. Während ich den Ausschlag nochmals eincreme, kümmert sich Nadja um ihre Blasen. Es sind noch 13 Kilometer bis zum Ziel und wir beide wissen bereits, dass wir die 100K schaffen werden. Also gehen wir weiter der Sihl entlang und wie schon vor Rapperswil scheinen die letzten Kilometer unendlich lange zu gehen.
Geschafft! Die Ziellinie nach 100 Kilometern!
Um 10:01 Uhr überqueren wir die Ziellinie nach 23 Stunden, 26 Minuten und 52 Sekunden laufen. WIR HABEN ES GESCHAFFT! Müde aber stolz, nehmen wir die Medaille entgegen.

Fotos vom Laufen.





















